Warum Entlastung ohne Kulturwandel für Führungskräfte nicht funktioniert
- Gesche Henties
- 30. Sept.
- 4 Min. Lesezeit

Führungskraft und Stress: Warum Selbstmanagement oft nicht reicht
Viele Führungskräfte greifen zu klassischen Methoden, wenn der Druck steigt: To-do-Listen, Zeitmanagement-Seminare, Priorisierungstechniken. Das hilft kurzfristig, aber oft stellt sich schon nach wenigen Wochen Ernüchterung ein. Der Stress kehrt zurück, die Listen werden länger, die Abende kürzer.
Die Frage ist: Liegt das wirklich nur an der Führungskraft? Oder vielleicht an etwas Tieferem, das ihre Bemühungen unterläuft?
Führungskräfte wollen oft durch Selbstmanagement Stress reduzieren. Doch ohne Kulturwandel bleibt Entlastung Stückwerk. Dieser Artikel zeigt, warum Kultur so entscheidend ist und wie Führungskräfte sie im Alltag aktiv gestalten können.
Kulturwandel als Schlüssel gegen Stress bei Führungskräften
Peter Drucker (1909–2005), einer der einflussreichsten Managementdenker des 20. Jahrhunderts, hat den berühmten Satz geprägt: „Culture eats strategy for breakfast.“ Quelle
Auch wenn dieses Zitat inzwischen oft als Management-Mantra verkürzt wiederholt wird, bleibt der Kern hochaktuell: Selbst die beste Strategie verliert ihre Wirkung, wenn die umgebende Kultur dagegenarbeitet.
Übertragen auf den Führungsalltag heißt das: Persönliche Entlastungsstrategien, ob Zeitmanagement, To-do-Listen oder klare Prioritäten können nur wirken, wenn die Kultur sie unterstützt. Wo Kontrolle, Dauererreichbarkeit und Meeting-Flut die Norm sind, wird jede individuelle Methode zur Stressbewältigung früher oder später aufgefressen.
Praxisbeispiel: Wenn Kultur Entlastung verhindert
Anna ist Bereichsleiterin in einer sozialen Einrichtung. Ihr Team ist engagiert, die Aufgaben sind sinnvoll. Trotzdem fühlt sie sich seit Monaten gehetzt. Um das in den Griff zu bekommen, hat sie alles ausprobiert: neue To-do-Apps und ein Zeitmanagement-Seminar.
Anfangs lief es besser. Ihre Liste war übersichtlicher, die Kalenderblöcke klarer. Doch schon nach kurzer Zeit war der alte Stress zurück. „Ich mache alles, was ich an Impulsen erhalten habe, warum reicht es trotzdem nicht?“, fragte sie mich im Coaching.
Die Antwort lag nicht in ihr selbst, sondern in der Kultur ihres Hauses. Dort galt:
Ständige Erreichbarkeit: wer das Handy ausschaltet, gilt als unzuverlässig.
Kontrolle statt Vertrauen: Aufgaben werden doppelt geprüft, Entscheidungen ständig hinterfragt.
Meetings ohne Ende: tägliche Runden, in denen wenig entschieden, aber viel berichtet wird.
Unter diesen Rahmenbedingungen konnte Anna sich noch so sehr anstrengen, jede Entlastungsstrategie lief ins Leere. Ihr Kalender war vollgestopft, bevor sie überhaupt eigene Schwerpunkte setzen konnte.
Der Wendepunkt kam, als Anna den Blick veränderte: Weg von der Frage „Was stimmt nicht mit mir?“ hin zu „Welche Kultur blockiert mich und was kann ich daran gestalten?“ Sie begann, kleine Dinge anders zu machen:
In Teambesprechungen definierte sie klare Zeitfenster und entschied am Ende konkrete nächste Schritte.
Sie führte eine neue Absprache ein: Wer eine Aufgabe übernimmt, bekommt Vertrauen, keine Nachkontrolle.
Und sie sprach offen darüber, dass auch Führungskräfte nicht rund um die Uhr erreichbar sein müssen.
Es dauerte, bis ihr Umfeld das annahm. Doch nach einigen Wochen spürte Anna: Die Verantwortung lastete nicht mehr allein auf ihren Schultern. Ihr Team übernahm mehr, sie konnte abgeben und erstmals seit Monaten die Mittagspause ohne schlechtes Gewissen draußen verbringen.
Annas Geschichte zeigt: Entlastung entsteht nicht nur durch bessere Selbstorganisation. Sie entsteht, wenn sich die Kultur verändert. Im Kleinen, im Alltag, und ganz klar durch das, was Führungskräfte vorleben.
Belastende Unternehmenskultur für Führungskräfte
Egal auf welcher Ebene du tätig bist: Wenn eine Unternehmenskultur durch Kontrolle, Misstrauen oder Einzelkämpfermentalität geprägt ist, bedeutet das großen Stress. Typische Belastungsmuster sind:
Kontrollkultur, die Druck erzeugt.
Einzelkämpfermentalität, die Konkurrenz statt Kooperation schafft.
Fehlerangst, die Lernen verhindert.
Meeting-Flut ohne Ergebnisse, die Zeit raubt.
Traditionelle Muster („Das war schon immer so“), die blockieren.
Genau diese Muster zeigen, warum sich Führungskräfte trotz aller Anstrengungen nicht entlastet fühlen. Umso wichtiger: Kulturwandel, er macht den Unterschied.
Entlastung für Führungskräfte durch Kulturwandel
Kulturwandel bedeutet Entlastung. Eine Vertrauenskultur zeichnet sich aus durch:
Offenheit und Transparenz
Wertschätzung und Feedback
Bereitschaft, Verantwortung zu übertragen
Positive Fehlerkultur als Lernchance
Freiräume für eigenständiges Handeln
In einer solchen Kultur fühlen sich Mitarbeitende sicher und gestärkt, was zu mehr Engagement, Eigeninitiative und Identifikation mit dem Unternehmen führt.
Gestaltungskraft von Führungskräften im Kulturwandel
Kultur ist kein starres System, sondern entsteht immer im Alltag. Sie verändert sich, wenn neue Mitarbeitende ins Team kommen oder eine Führungskraft wechselt. Kultur ist wie ein Mobile: Bewegt sich eine Seite, verändert sich auch die andere.
Führungskräfte sind dem nicht hilflos ausgeliefert. Sie können Kultur aktiv mitgestalten, zum Beispiel durch:
Delegieren: Verantwortung klar übergeben.
Feedbackrituale: regelmäßige Reflexion und Dialog.
Vorbildrolle: Verhalten vorleben, das andere stärkt.
Kultur entsteht nicht nur durch Führungskräfte selbst, sondern auch durch neue Generationen von Mitarbeitenden. Besonders die Generation Z treibt diesen Wandel sichtbar voran.
Generation Z als Treiber für Kulturwandel im Unternehmen
Die Werte und Erwartungen der Gen Z unterscheiden sich deutlich von älteren Generationen. Sie legen Wert auf Sinnhaftigkeit, Partizipation, regelmäßiges Feedback, Transparenz, persönliche Weiterentwicklung und eine gesunde Work-Life-Balance.
Damit geht einher:
weniger Akzeptanz starrer Hierarchien
geringere Bereitschaft zu Überstunden „um des Jobs willen“
stärkere Loyalität zu eigenen Werten statt zum Arbeitgeber
Für Unternehmen heißt das: Die Gen Z fordert Kulturwandel hin zu mehr Dialog, Augenhöhe und flexibleren Strukturen. Für Führungskräfte ist das herausfordernd, weil es Loslassen von Kontrolle verlangt. Zugleich liegt darin eine große Chance: Wenn junge Mitarbeitende Verantwortung übernehmen, verteilt sich die Last auf mehrere Schultern.
Ohne diesen Wandel drohen Reibungen, Missverständnisse und Demotivation, die die Belastung für Führungskräfte erhöhen. Gelingt er, entsteht genau das, was so viele suchen: Entlastung durch ein Team, das Verantwortung teilt und die Kultur aktiv mitgestaltet.
Fazit: Führungskraft, Stress und Kulturwandel gehören zusammen
Entlastung ist mehr als die richtige To-do-Liste oder ein cleveres Zeitmanagement. Sie entsteht dort, wo Führungskräfte nicht nur an sich selbst arbeiten, sondern die Kultur um sie herum mitgestalten. Denn Kultur entscheidet, ob Strategien wirken oder verpuffen. Wer Vertrauen fördert, Verantwortung teilt und Transparenz lebt, schafft eine Basis, auf der Entlastung möglich wird: für sich selbst und das gesamte Team.
Entlastung als Führungskraft aktiv gestalten
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Herzlichst
Gesche Henties
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